Inhalt des Dokuments
Stabilisierung periodischer Orbits durch zeitverzögerte Rückkopplung
Um die grundlegende Wirkungsweise der Rückkopplungsschleife zu
verstehen, ist eine Bifurkationsanalyse im Parameterraum der
Kontrollkraft nützlich. Bifurkationsdiagramme erlauben systematische
Rückschlüsse auf allgemeine Bifurkationsmechanismen der
Stabilisierung periodischer Orbits durch zeitverzögerten
Rückkopplung. Darüberhinaus machen sie Vorhersagen über die Wirkung
verschiedener Kontrollschemata in Abhängigkeit ihrer Parameter. Wir
haben hierzu das Rössler-Modell als Paradigma eines einfachen
dynamischen Systems mit nicht-hyperbolischen chaotischen Attraktoren
numerisch untersucht. Dabei fanden wir ein kompliziertes,
mehrblättriges Bifurkationsdiagramm in der Kontrollparameter-Ebene
mit Hopf-Bifurkationen, Neimark-Sacker-Bifurkationen eines Torus,
Periodenverdopplungskaskaden und delay-induziertem Chaos. Die
einzelnen Blätter entsprechen der Bifurkation von periodischen
Lösungen mit jeweils verschiedener Periode. Entspricht die
Verzögerungszeit nicht einem ganzzahligen Vielfachen der Periode des
ungestörten instabilen periodischen Orbits (UPO), kann ein
delay-induzierter stabiler Orbit mit einer anderen Periode durch eine
superkritische Hopf-Bifurkation generiert werden. Diese Periode
konnten wir für Zeitverzögerungen, die ungefähr der Periode des
ursprünglichen UPOs entsprachen, näherungsweise analytisch
berechnen.
Als einschneidende Einschränkung des
Pyragas-Verfahrens ist allgemein akzeptiert, dass sich periodische
Orbits mit einer ungeraden Anzahl von reellen Floquet-Multiplikatoren
größer als eins nicht stabilisieren lassen (Odd Number Limitation
Theorem). Allein die Arbeit von Nakajima (1997) wurde in diesem
Zusammenhang über neunzig Mal zitiert. In Zusammenarbeit mit dem
Teilprojekt A7 ist es uns nun gelungen, dieses Theorem zu widerlegen.
Wir konnten für den generischen Fall eines instabilen
periodischen Orbits, der durch eine subkritische Hopf-Bifurkation
generiert wird (und somit einen einzelnen reellen
Floquet-Multiplikator größer als eins hat), zeigen, dass dieser für
geeignete Kontrollparameter doch stabilisiert werden kann.
Entscheidend ist hierbei, dass die Kontrollkraft nicht durch eine
Einheitsmatrix, sondern mit einer Phase (wie das z.B. in optischen
Systemen natürlicherweise auftritt) angekoppelt wird. Hierzu haben
wir die komplexe Normalform einer subkritischen Hopf-Bifurkation
betrachtet, erweitert durch die Pyragaskontrolle. Die Hopf-Bifurkation
erzeugt periodische instabile Lösungen. Die Hopf-Kurve und die
Pyragas-Kurve lassen sich analytisch angeben. Auf der Pyragas-Kurve
verschwindet nach Konstruktion der Rückkopplungsterm. Verläuft die
Pyragas-Kurve steiler als die Hopf-Kurve, so muss sie stabil sein, was
wir sowohl durch direkte Simulation als auch durch Berechnung der
Floquet-Multiplikatoren verifiziert haben. Diese Bedingung lässt sich
analytisch als Bedingung an die komplexe Kontrollkraft formulieren und
ergibt einen Stabilisierungsbereich. Tatsächlich durchquert der
einzelne reelle Floquet-Multiplikator bei einer bestimmten
Kontrollamplitude den Einheitskreis in der komplexen Ebene und wird
stabil. Da nicht tordierende instabile periodische Orbits, wie der bei
einer subkritischen Hopf-Bifurkation erzeugte, in nichtlinearen
Systemen in Physik, Chemie und Biologie häufig vorkommen, haben
unsere Resultate große Bedeutung nicht nur für das
Grundlagenverständnis der Pyragaskontrolle, sondern eröffnen auch
breite Anwendungsmöglichkeiten.
Zusatzinformationen / Extras
Direktzugang
Hilfsfunktionen
https://www3.itp.tu-berlin.de/schoell/nlds/forschung/b1/ergebnisse_2/

