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Zeitverzögerte Rückkopplungskontrolle rauschinduzierter Oszillationen
Ein Schwerpunkt unserer Arbeit lag im letzten Antragszeitraum
auf der Kontrolle rauschinduzierter Oszillationen durch
zeitverzögerte Rückkopplung. In Zusammenarbeit mit den vom
Sonderforschungsbereich finanzierten Gastwissenschaftlern Dr. N.
Janson und Dr. A. Balanov konnten wir erstmals zeigen, dass in
nichtlinearen stochastischen Systemen, die ohne Rauschen keine
autonomen Oszillationen zeigen, aber mit Rauschen in irregulärer
Weise oszillieren, durch zeitverzögerte Rückkopplungskontrolle
sowohl deren Regularität (Kohärenz) als auch deren Zeitskalen
gezielt beeinflusst werden können.
Wir haben zunächst einfache generische Modelle studiert, und zwar
den Van-der-Pol-Oszillator [1] unterhalb der superkritischen
Hopf-Bifurkation als Modell für ein System in der Nähe einer
Bifurkation und das FitzHugh-Nagumo-Modell als Prototyp eines
anregbaren Systems. Als quantitative Maße für die Kohärenz der
Oszillation sind je nach System entweder die Korrelationszeit mit der
normierten Autokorrelationsfunktion, die normierte Varianz der
Interspike-Intervalle oder der Kohärenzfaktor (der Quotient aus der
Höhe und Halbwertsbreite des dominanten spektralen Peaks)
geeignet. Für beide Modellklassen untersuchten wir im Detail die
Abhängigkeit der Korrelationszeit und der spektralen Eigenschaften
von der Rauschintensität und den Kontrollparametern.
Beim
Van-der-Pol-Oszillator konnten wir das Verhalten durch eine Analyse
der Umgebung des Fixpunktes quantitativ erklären, da sich das System
knapp unterhalb einer lokalen Bifurkation befindet. Ohne Rauschen und
Kontrolle findet eine superkritische Hopf-Bifurkation statt und
unterhalb der Bifurkation ist der Fixpunkt ein stabiler Fokus. Die
komplexen Eigenwerte des Fixpunktes der Delay-Gleichung legen fest,
welche Moden durch weißes Rauschen angeregt werden können: Der
Eigenwert mit dem jeweils betragsmäßig kleinsten Realteil, d.h. der
am wenigsten stabile, bestimmt die Korrelationszeit sowie die
dominante Periode der rauschinduzierten Oszillationen; Wenn sich die
Realteile zweier Moden überkreuzen, springt die dominante Periode auf
den neuen Eigenwertzweig. Sowohl das Rauschspektrum als auch die
Korrelationszeit lassen sich in linearer Näherung analytisch
berechnen.
Darüber hinausgehend haben wir eine selbstkonsistente
Mean-field-Näherung entwickelt, die selbst für relativ große
Rauschintensitäten hervorragende Übereinstimmung mit den numerischen
Resultaten ergibt. Hierzu wird der nichtlineare Term durch einen
reskalierten Bifurkationsparameter ersetzt und dieser selbstkonsistent
aus der Varianz des somit erhaltenen multivariaten
Ornstein-Uhlenbeck-Prozesses bestimmt: Für diesen effektiven linearen
Prozess lässt sich die Korrelationszeit für optimale
Verzögerungszeit. und das Rauschspektrum explizit analytisch
berechnen. Für optimal gewählte Verzögerungszeit. wird die
Korrelationszeit durch Kontrolle deutlich erhöht, für schlechte
Verzögerungszeit. sinkt sie praktisch auf Null. Im Gegensatz zu der
lokalen Dynamik des Van-der-Pol-Oszillators beschreibt das
FitzHugh-Nagumo-Modell ein anregbares System mit globaler Dynamik und
wird häufig zur Erklärung des Spiking-Verhaltens von Neuronen
herangezogen: Für bestimmte Parameterwahl ist ein stabiler Knoten der
einzige Attraktor des deterministischen Systems. Die zeitverzögerte
Rückkopplungskontrolle lässt sich nun nicht mehr durch eine lokale
Analyse erklären, jedoch haben wir zusammen mit Teilprojekt A4 ein
diskretes Zustandsmodell entwickelt, das eine semianalytische
Behandlung erlaubt.
Eine wichtige Erweiterung ist die
Rückkopplungskontrolle von gekoppelten neuronalen Systemen,
die wir anhand zweier symmetrisch-diffusiv gekoppelter
FitzHugh-Nagumo-Gleichungen als Miminalmodell für zwei
wechselwirkende Neuronen [2] untersuchten. Von praktischer Relevanz
ist die Beeinflussung der gekoppelten Dynamik durch lokale
Eingriffe, daher gingen wir der Frage nach, inwieweit die
Rückkopplung auf eines der Subsysteme das Kohärenz- und
Synchronisationsverhalten des Gesamtsystems kontrollieren kann. In der
Tat fanden wir, dass sich die Korrelationszeiten und die mittleren
Interspike-Intervalle beider Subsysteme durch die
Rückkopplungskontrolle steuern lässt. Ein weiteres interessantes
Ergebnis ist, dass sich die stochastische Synchronisation der
beiden Subsysteme - gemessen sowohl durch das Verhältnis
(Frequenzsynchronisation) als auch durch den Synchronisationsindex
(Phasensynchronisation) -in beide Richtungen verändern lässt, d.h.
die Synchronisation lässt sich je nach Wahl der Verzögerungszeit und
der Kontrollamplitude verstärken oder unterdrücken. Insbesondere
zeigt sich auch hier eine resonanzartige Abhängigkeit von der
Verzögerungszeit. Besonders interessant ist dieses Resultat im
Hinblick auf mögliche neuronale Anwendungen, wo eine hohe
Synchronisation oft mit einem krankhaften Zustand (Parkinson,
Epilepsie) verknüpft ist, der sich offenbar durch lokale
Rückkopplungskontrolle unterdrücken lässt. Ähnliche Effekte wurden
im Teilprojekt C3 für Systeme sehr vieler global gekoppelter
Neuronen mit globaler Rückkopplung gefunden.
/AG_Schoell/posters/dpg_jp_a4_01.pdf
/AG_Schoell/posters/ddays_bh_01.pdf
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